Herr Bloch aus Herborn schrieb am 17.10.23 an sein "Fräulein Julchen" in Nürnberg: Liebe Christa! ...kann Dich nicht so bald besuchen... überall Arbeislosigkeit... in den meisten Betrieben wird nur 3 Tage in der Woche gearbeitet... muss man sich für den Winter eindecken, die Hälfte haben wir schon vom Hüttenwerk, die andere Hälfte bekommen wir von der Stadt geliefert, wann, wissen wir nicht... die Zwetschgen waren ganz schön dick, zuerst wollten sie nicht wachsen, dann kam 3 Wochen lang der Regen, so wurden sie faul am Bäumchen und sind heruntergefallen... bis zum Frühjahr hat sich hoffentlich alles geklärt... in eine bessere Zukunft sehen und wir diese kraftlose Zeit hinter uns haben... ist für Karl vor 8 Tagen wieder Geld angekommen, 273.700.000 werde ich ihm gut aufheben...
273 Millionen - gut aufheben! Die Hoffnung starb zuletzt... auch für die aufgeklebte 400 Mark{*} Queroffset, die längst das Zeitliche gesegnet hatte und trotzdem einen sauberen Dillkreis-Stempel abstaubte... an jenem Postschalter in Herborn, an dem der Postbedienstete 'blau machte' - pardon - seinen zusammengefrickelten Setzkastenstempel "Gebühr bezahlt." in die frisch nachgefüllte blaue Stempelfarbe des violetten Stempelkissens stippte und auf dem Couvert verewigte - zwar mit einem schwungvollen roten Strich, jedoch ohne den eingenommenen Betrag von glatten 5 Millionen Mark zu notieren und mit Namenskürzel zu bestätigen. Fräulein Julchen in Nürnberg - die vermeintlich holden Worte ihres Verehrers kaum erwarten könnend - fetzte indes ebenso schwungvoll die Verschluss-Vignette vom Couvert... und begrub auch diese hoffnungslosen Zeilen in der Schachtel all der anderen "Liebesbriefe"... ... sehr zur Freude eines INFLA-Sammlers, der hoffnungsvoll durch die (80 Jahre) alte Blechschachtel stöberte.
{*} Mi. 250, leider nur gültig bis zum 30. September
Und die Moral von der Geschicht: "Große" Marken zählen nicht!